Oft sind es die spontanen Entscheidungen, die die schönsten Reisen hervorbringen. Kreta war ursprünglich gar nicht auf unserem Radar – bis wir durch einen Urlaubsgruß (danke Ulli!) auf die Wandermöglichkeiten der Insel aufmerksam wurden und bei der anschließenden Recherche auf den Fernwanderweg E4 stießen. Die Vorstellung, entlang der Küste, durch malerische Schluchten, mediterrane Landschaften und traditionelle Dörfer zu wandern, ließ uns nicht mehr los. Schnell stand fest: Da müssen wir hin!

Rund um die individuelle Trekkingreise „Der Samaria Trail“ von ASI-Reisen und mit etwas Planung über Komoot legten wir die Etappen fest. Wie immer haben wir unsere Komoot-Routen zum Nachwandern für euch im Text verlinkt. Hier und da passten wir die zur Verfügung gestellten Routen (digitales Kartenmaterial, samt Wegbeschreibung) an, gönnten uns ein paar zusätzliche Tage in besonders reizvollen Gegenden und freuten uns auf eine stressfreie Wanderung mit leichtem Tagesgepäck. Unser Hauptgepäck wurde bequem von Unterkunft zu Unterkunft transportiert – so konnten wir uns voll und ganz auf das Wesentliche konzentrieren: die Natur.
Kreta versprach uns vieles – sonniges Wetter, kristallklares Meer, beeindruckende Berge, köstliches Essen und vor allem: die berühmten Schluchten. Jede einzelne hat ihren ganz eigenen Charakter. Ob wild und rau oder sanft und grün – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Unser Reisezeitraum war vom 14. bis 24. Mai 2023, ist also schon eine Weile her. Nichtsdestotrotz wollten wir euch den Artikel nicht vorenthalten. Nachahmung wärmstens empfohlen, doch wir greifen vor.
Anreise nach Paleochora – Erste Eindrücke
Unsere Reise begann mit einem Direktflug von Düsseldorf nach Chania, der zweitgrößten Stadt Kretas. Sie war wegen der kürzeren Transferzeit (verglichen mit Heraklion) der ideale Ankunftsort für uns. Bereits vor Reiseantritt hatten wir über Paleochora Taxi einen privaten Transfer gebucht, der sich als absolut zuverlässig und komfortabel herausstellte. Nach etwa 90 Minuten Fahrt durch kretische Berglandschaften, vorbei an Olivenhainen und kleinen Dörfern, erreichten wir unser Ziel an der Südwestküste: Paleochora.
Das Hotel Glaros, ruhig gelegen und doch zentral, bot uns nicht nur eine schöne Terrasse für das Frühstück, sondern auch eine perfekte Ausgangsbasis. Ein erster Spaziergang durch die charmante Kleinstadt mit ihrer Fußgängerzone, kleinen Geschäften und Tavernen ließ uns das Flair des Ortes spüren. Vom Hafen, wo uns ein paar „Meerkatzen“ von den Felsen grüßten, führte uns der Weg weiter zum Sandstrand Pachia Ammos. Ein wirklich gemütliches kleines Städtchen.
Am Abend genossen wir ein kulinarisches Highlight im Restaurant Caravella direkt am Meer – ein gelungener Start, der die Vorfreude auf die kommenden Tage nur noch steigerte. Zum Abschluss stellte uns der Wirt eine kleine Karaffe Raki auf den Tisch, von der wir uns schüchtern einschenkten. „Moment, keinen Ouzo?“ wunderten wir uns. Und dann schmeckte der noch nicht mal nach Anis. Auf Nachfrage lernten wir: Ouzo trinken nur die „Weicheier vom Festland“. Auf Kreta genießt man diesen Tresterbrand, der eher an italienischen Grappa erinnerte, als an seinen Namensvetter aus der Türkei. Es war zudem völlig in Ordnung, die Karaffe zu leeren. Na dann, Prost!
Warmlaufen mit Höhlenerkundungen
Der erste Tag gehörte noch nicht zum organisierten Reiseprogramm und war als Puffertag geplant – ideal, um uns einzulaufen und dabei die südwestliche Landschaft der Insel zu erkunden. Unsere Route startete im kleinen Bergdorf Azogires, etwa neun Kilometer von Paleochora entfernt. Nach einem kurzen Transfer mit Paleochora Taxi, die uns erneut mit ihrer Zuverlässigkeit überzeugten, fanden wir uns in Azogires inmitten von Olivenhainen, Zypressen und Pinien wieder. Unser erstes Ziel war die „Höhle der 99 Heiligen Väter“. Ein stetig ansteigender Fahrweg mit Serpentinen führte uns zunächst nach oben. Die sanfte Steigung war perfekt zum Warmwerden, und der Blick zurück auf das malerische Örtchen sowie die Küste ließ uns die Anstrengung vergessen. Die Berglandschaft zeigte sich hier von ihrer spektakulären Seite – und... das ein oder andere verrostete Auto „verzierte“ den Weg. Schräg!
Ab der Hälfte der Strecke wechselten wir auf einen schmalen Trampelpfad, der weiterhin bergauf führte. Eine kurze Kraxelei brachte uns schließlich zur Höhlenöffnung, von der es über Metallleitern hinab ging. Die Höhle selbst war eng und von Tauben bewohnt, das solarbetriebene Licht defekt. Das spärliche Tageslicht verlieh dem Raum mit seinem kleinen Schrein voller Opfergaben eine mystische Atmosphäre. Nach kurzer Erkundung kehrten wir auf demselben Weg zurück nach Azogires, wo wir eine wohlverdiente Erfrischung genossen – ganz pragmatisch aus einem Selbstbedienungskühlschrank samt Vertrauenskasse des hiesigen Cafés, in dem wir noch dazu die einzigen Gäste waren.
Weiter ging es über einen schattigen Pfad durch Bäume und Büsche hinab Richtung Anidri. Auf dem Weg passierten wir das „Kloster der 99 Heiligen Väter“ und eine alte Schulruine, bevor wir einen Abstecher zu ein paar weiteren Höhlen machten, von denen wir unseren Blick über das Tal schweifen ließen. Der letzte Teil der Route führte uns in das idyllische Dorf Anidri, wo wir im Sto Scolio („alte Schule“) Rast machten. Unter einem gewaltigen Olivenbaum ließen wir uns lokale Spezialitäten und einen unvergesslichen Orangenkuchen mit Eis schmecken. Ein Glas Raki hinterher – und wir waren bereit für den letzten Abschnitt.
Durch die Anidri-Schlucht zum Gialiskari-Strand
Nach der erholsamen Pause führte uns der Weg weiter hinunter in die Anidri-Schlucht. Sie zählt zu den kleineren Schluchten Kretas, beeindruckt aber mit ihrem ganz eigenen Charakter. Ohne steile Felswände, dafür mit einer ständig wechselnden Vegetation, bot sie uns ein malerisches Bild aus Olivenhainen, Obstgärten und Platanen, die in den feuchteren Bereichen üppig wuchsen. Die Gipfel ringsum zeigten sich sanft und einladend – eine wunderbare Kulisse für unsere Wanderung.
Der rund drei Kilometer lange Abstieg verlief größtenteils im ausgetrockneten Flussbett der Schlucht. Über Steinblöcke und Geröll bahnten wir uns unseren Weg durch die natürliche Schönheit, die im Winter sicher noch beeindruckender wirkt, wenn Wasser durch die Schlucht fließt. Am Ende erreichten wir den Gialiskari-Strand, eine Fortsetzung des Anidri-Strands. Während die Westseite mit feinem Kieselstein bedeckt ist, erwartet einen auf der Ostseite heller Sand – ein perfekter Ort, um kurz innezuhalten und die Aussicht auf das tiefblaue Meer zu genießen.
Der Rückweg nach Paleochora verlief über eine staubige Piste, die parallel zum Meer führte und uns nach den vorherigen Eindrücken wenig begeistern konnte. Zurück im Ort gönnten wir uns direkt ein Bier am Strand, um nach den gut achtzehn Kilometern des Tages die Füße und die Seele zu erfrischen. Nach einem schnellen Einkauf der Verpflegung für den nächsten Tag ließen wir den Abend mit einem gemütlichen Abendessen ausklingen. Ein gelungener erster Wandertag – und die Vorfreude auf die eigentliche Tour war größer denn je.
Der Samaria Trail - Etappe 1:
Küstenwanderung mit antiken Schätzen

Nach einem gemütlichen Frühstück auf der Terrasse unseres Hotels starteten wir voller Vorfreude in den ersten Tag des offiziellen Trekkingprogramms. Der Abschied vom gemütlichen Paleochora fiel uns dank strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel nicht so schwer. Die verschlafene Küstenpromenade und der Kieselstrand lagen friedlich hinter uns, während wir die ersten Schritte auf unserer heutigen Etappe setzten.
Unsere Route begannen wir mit einem kleinen Umweg, um die Piste von gestern zu vermeiden: ein schmaler Trampelpfad führte uns vorbei an niedrigen Sträuchern, einem alten Ofen - seltsame Wegmarkierungen haben sie hier - und blühendem Buschwerk hinauf zur Kapelle Ekklisia Profitis Ilias. Der Aufstieg war schweißtreibend, aber die traumhaften Ausblicke auf die Küste und die sanften Hügel im Hinterland entschädigten uns. Die Kapelle selbst, ein unscheinbarer Bau, bot uns Schutz vor überraschend heftigem Wind und einen perfekten Rastplatz mit einer Rundumsicht auf das tiefblaue Meer, die Strände und die Täler der Region.
Nach einer kurzen Pause setzten wir unseren Weg fort und erreichten bald den Krokodil-Trail, dessen Name auf Kap Flomos zurückgeht – ein Felsvorsprung, der wie ein Krokodilkopf ins Meer ragt. Der abwechslungsreiche Weg führte uns wieder in Richtung Küste, wo wir schließlich zurück auf den E4 stießen. Kristallklares Wasser, bizarre Felsformationen und ein Farbenspiel aus Blau- und Grüntönen begleiteten uns, während wir direkt am Meer entlang wanderten. Eine längere Rast am Ufer, inklusive Füße baden und einer typisch griechischen Brotzeit aus Feta, Gurken und Oliven, samt einem Schluck Weißwein ließ uns neue Energie tanken.
Flucht vor dem Regen durch die Vergangenheit
Während der Pfad entlang der Küste anschließend allmählich an Höhe gewann, zog das Wetter zu, und es setzte sogar kurz leichter Regen ein. Ein Hochplateau mit einem letzten Blick auf Kap Flomos bot uns noch einmal eine beeindruckende Kulisse, bevor wir auf einem serpentinenartigen Abstieg die Ausgrabungsstätte Lissos erreichten. Die antike Stadt, einst ein Zentrum mit Thermen, Basiliken und einem Asklepieion, wirkte verlassen und mystisch – ein kurzer Ausflug in längst vergangene Tage.
Da die Zeit drängte und wir immer noch auf der Flucht vor den Wolken waren, verzichteten wir auf den Abstecher zum Strand und folgten den Weg über ein weiteres Hochplateau, das uns schließlich in den unteren Teil der eindrucksvollen Lissos-Schlucht führte. Die letzten drei Kilometer verliefen zwischen hohen Steilwänden, an denen die Ziegen ihre Kletterkünste unter Beweis stellten. Die Vegetation aus Kiefern und Oleander tat ihr übriges und verlieh dem Abschnitt eine beinahe magische Atmosphäre.
Als wir die Küstenstraße nach Sougia erreichten, waren wir erschöpft, aber zufrieden. Die kleine Ortschaft mit ihren Tavernen und dem Kieselstrand war etwas touristischer, als wir es uns erhofft hatten, aber dafür erwartete uns bereits das Hauptgepäck in der gemütlichen Unterkunft und ein herzlicher Empfang mit Raki (so hieß natürlich nur die Tavernenkatze, die wir ausgiebig knuddelten…) Bei einem gemütlichen Abendessen in der Taverne des Hotels ließen wir den Tag Revue passieren – beeindruckt von der abwechslungsreichen Etappe, die fast 20 Kilometer und über 1000 Höhenmeter umfasste. Wohlig erschöpft fielen wir ins Bett, gespannt auf das, was die nächsten Tage so bringen würden.
Der Samaria Trail - Etappe 2:
Grüne Schlucht und Weiße Berge
Nach einem Frühstück mit herrlichem Blick aufs Meer machten wir uns gegen acht Uhr auf den Weg – ein langer Tag mit knapp 24 Kilometern und fast 1400 Höhenmetern lag vor uns. Da wir unser Hauptgepäck erst am übernächsten Tag in Agia Roumelli wiedersehen würden, hatten wir alles Notwendige für die kommenden zwei Etappen in den Tagesrucksack gestopft.
Der erste Abschnitt führte uns durch das ausgetrocknete Flussbett des Lakos Zografou, das Sougia nach Osten hin begrenzte. Der breite Fahrweg war landschaftlich unspektakulär, aber gelegentliche Ausblicke auf die umliegende Natur und die Küste lockerten die Monotonie auf. Wer möchte, kann sich diesen Teil des Weges sparen und einen Transfer nehmen – für uns war das Warmlaufen eine willkommene Einstimmung.
Am Eingang der Schlucht angekommen, gönnten wir uns eine kleine Stärkung in der Taverne Oasis – ein griechischer Kaffee und eine hausgemachte Zitronenlimonade waren genau das Richtige. Gut vorbereitet betraten wir die Agia-Irini-Schlucht, ein ruhigeres Pendant zur wesentlich bekannteren Samaria-Schlucht.
Griechischer Glückskinder-Bonus zur Mittagspause
Der siebeneinhalb Kilometer lange Aufstieg überraschte uns mit einer beeindruckenden Vielfalt an Flora und Fauna. Schatten spendende Bäume wechselten sich mit duftenden Kräutern ab, während wir abwechselnd über Geröll und befestigte Pfade durch das Naturschutzgebiet wanderten. Trotz der imposanten steilen Wände und engen Passagen fühlten wir uns dank des gut gesicherten Wegs jederzeit wie auf einem - wenn auch anstrengenden - Spaziergang. Auf halber Strecke passierten wir einen Rastplatz, an dem durch einen Ranger ein kleines Eintrittsgeld erhoben wurde – eine faire Unterstützung für die Instandhaltung des wunderschönen Gebiets.
Etwa drei Stunden später erreichten wir einen Kiosk am oberen Ende der Schlucht. Mitte Mai war die Saison noch nicht in vollem Gange, sodass der Inhaber auf Essengäste noch gar nicht vorbereitet war. Ein griechischer „Glückskinder-Bonus“ kam uns jedoch zugute: Der freundliche Gastgeber bereitete uns aus den wenigen Zutaten in seinem Kühlschrank ein köstliches Mahl – inklusive eines kühlen Biers und eines großen griechischen Kaffees.
Auf zum Hochplateau von Omalos
Frisch gestärkt folgten wir einem alten Maultierpfad stetig bergauf. Die Landschaft wurde zunehmend alpiner, und die Ausblicke auf die Schlucht und die umliegenden Berge waren atemberaubend. Schließlich erreichten wir den Wanderparkplatz. Obwohl von hier ein Transfer ins Hotel möglich gewesen wäre, beschlossen wir, die letzten vier Kilometer ebenfalls zu Fuß zurückzulegen.
Das Plateau von Omalos, umgeben von den mächtigen Gipfeln der Lefka Ori („Weiße Berge“), beeindruckte uns mit seiner nahezu kreisrunden Form und der weitläufigen Ebene auf über 1000 Metern Höhe. Die Temperaturen waren merklich frischer, und ein kühler Wind begrüßte uns am Hotel Neos Omalos, unserer heutigen Unterkunft. Nach über zehn Stunden, 24 Kilometern und 1400 Höhenmetern Aufstieg in den Beinen waren wir froh, unser Ziel erreicht zu haben. Im Hotelrestaurant genossen wir ein Abendessen mit traditioneller kretischer Küche – rustikal und wohltuend nach einem anstrengenden Tag.
Nach dem Abendessen nutzten wir die Gelegenheit, unsere Pläne für den kommenden Tag zu besprechen. Anstatt den üblichen Bustransfer vom Hotel zum Eingang der Samaria-Schlucht zu nehmen, wollten wir zu Fuß über den Gipfel des Koukoulé zum Eingang absteigen. Als wir den Hotelbesitzer nach seiner Einschätzung baten, riet er uns entschieden davon ab – seiner Meinung nach sei das eine Tour für zwei Tage. Ein Blick auf die Routenplanung auf Komoot bestätigte die Herausforderung: 25 Kilometer, knapp 800 Höhenmeter bergauf und 1800 Höhenmeter bergab - und das nach diesem Tag. Doch da die Strecke in etwa der heutigen Tagesetappe entsprach und weniger Höhenmeter im Aufstieg umfasste, gingen wir mit dem festen Entschluss ins Bett, unser Vorhaben durchzuziehen. Die Weißen Berge warteten auf uns.
Der Samaria Trail - Etappe 3:
Auf Umwegen nach Agia Roumeli
Heute erwartete uns die berühmte Samaria-Schlucht – eines der absoluten Highlights dieser Reise, und mit ihren 17 Kilometern Länge eine der längsten Schluchten Europas. Sie führt aus über 1200 Metern Höhe hinab bis zum Libyschen Meer, gesäumt von bis zu 600 Meter hohen Felswänden. Besonders beeindruckend ist die „Eiserne Pforte“. An dieser schmalsten Stelle sind die Felswände nur drei bis vier Meter voneinander entfernt. Doch Geduld, so weit waren wir noch lange nicht...
Nach dem Frühstück folgten wir zunächst unserer eigenen Route über den 1630 Meter hohen Koukoulé. So früh wie möglich brachen wir auf, begleitet von der kühlen, klaren Luft und dem strahlend blauen Himmel. Bis 14:00 Uhr mussten wir schließlich den Eingang der Schlucht erreichen, denn später würden wir nicht mehr eingelassen.
Während uns der erste Reisebus am Ortsausgang von Omalos überholte, bogen wir links ab Richtung Koukoulé. Der Aufstieg begann steil und anspruchsvoll durch die raue Karstlandschaft und der wenig begangene Pfad vorbei an einigen Ziegenherden war nicht immer leicht zu finden. Doch mit geübten Augen entdeckten wir die Wegmarkierungen schnell und standen nach gut zwei Stunden auf dem Gipfel. Der Ausblick war atemberaubend: die umliegenden Berge Gingilos, Volakias, Melindaou und Pachnes sowie die Hochebene von Omalos breiteten sich vor uns aus.
Die letzten Gäste der Samaria-Schlucht
Ein weiteres Highlight war die Kallergi-Hütte, die einzige bewirtete Berghütte Kretas, mitten im Herzen der Lefka Ori mit ihrer freischwebenden Außentoilette. Wir folgten der Empfehlung der freundlichen Wirtin, den Weg zum Eingang der Schlucht entlang eines Zauns zu nehmen. Nach einem holprigen Kilometer entschieden wir uns jedoch um und für den Schotterweg, um schneller voranzukommen – schließlich wollten wir rechtzeitig die Schlucht erreichen.
Gegen Mittag kamen wir am Eingang der Samaria-Schlucht an, kauften unsere Tickets und begannen den Abstieg. Glücklicherweise fuhren wegen starkem Seegangs an diesem Tag keine Fähren von Agia Roumeli, weshalb weit weniger Touristen unterwegs waren. Üblicherweise kommen die Leute mit dem Bus, durchwandern die Schlucht im Abstieg und nehmen die Fähre vom Dorf, das nicht mit dem Auto erreichbar ist, zurück. Übernachtet man - wie wir - in Agia Roumeli, bietet es sich daher an, möglichst spät zu starten, um den nach unten „hetzenden“ Massen zu entgehen. Immerhin ist an Spitzentagen mit bis zu 4000 Besuchern zu rechnen. Uns begegneten dagegen gerade mal ein paar Dutzend Menschen, die nach etwa der Hälfte umkehren und zu ihren Fahrzeugen zurückkehren mussten.
Die Schlucht präsentierte sich in ihrer ganzen Pracht: steile Hänge, enge Passagen und eine beeindruckende Vielfalt an Pflanzen – viele davon endemisch. In den Felsen entdeckten wir sogar einige der seltenen kretischen Wildziegen, die Kri-Kri. Gab es da nicht den Mythos, Zeus hätte die Bewohner einer Insel in Tiere verwandelt? Wir schüttelten den Gedanken schnell ab. An mehreren Quellen füllten wir unsere Wasserflaschen auf, und das kristallklare Flussbett bot eine willkommene Abkühlung für die Füße.
Mit Begleitschutz bis zum Ausgang
Immer wieder passierten wir Streckenposten, die für die Sicherheit der Leute zuständig sind, aber auch aufpassen, dass niemand auf die Idee kommt, wild zu campen oder anderen Unfug zu treiben. Ein besonderer Ort war das verlassene Dorf Samaria inmitten der Schlucht. Es wirkte wie aus der Zeit gefallen mit seinen Überresten einer alten Kirche und den alten Gebäuden. Aus zeitlichen Gründen haben wir die alte Holzbrücke dorthin jedoch nicht überquert.
Doch der Höhepunkt war zweifelsohne die „Eiserne Pforte“. Hier türmten sich die Felswände nur vier Meter voneinander entfernt bis in schwindelerregende Höhen auf. Nach diesem beeindruckenden Abschnitt begegneten wir einem weiteren Ranger. Nach kurzem Austausch stellte sich heraus, dass wir die letzten Gäste des Tages waren und er begleitete uns zum Ausgang der Schlucht. Ein paar Holzbrücken später erreichten wir gegen 17:45 Uhr den finalen Checkpoint und entschuldigten uns beim Kassenpersonal für die Wartezeit. Die winkten nur freundlich ab: Bis 18:00 Uhr müsse die Schlucht verlassen sein – wir waren also noch gut in der Zeit.
Von hier waren es nur noch rund drei Kilometer bis ans Meer, doch nach den vielen Stunden unterwegs fühlte sich dieser Abschnitt an wie eine Ewigkeit. Mit schmerzenden Füßen, aber voller Glück, kamen wir schließlich im winzigen Hafenort Agia Roumeli an. Das Personal des Gigilos Hotel hatte uns beinahe abgeschrieben, und der Hotelwirt zeigte sich erleichtert, dass wir wohlbehalten angekommen waren. Mit einem großen Bier aufs Haus stießen wir auf den geschafften Tag an und ließen den Abend auf der Terrasse des hauseigenen Restaurants bei einem leckeren Essen mit Meerblick ausklingen. Was für eine Tour und was für ein wunderschöner Tag!
Auch ihr dürft jetzt erst mal eine kleine Pause einlegen. Oder ihr lest direkt weiter. Unsere Eindrücke der übrigen Etappen und die Erlebnisse auf unseren Extratouren nach Ende der von ASI-Reisen geplanten Tour gibt es im zweiten Teil.
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